Ein Leben lang Lehrling - aus der Sicht des 33.Grades
Gabriele Pfleger
Lieber Lehrling!
Ich begrüße dich und freue mich, dass du nun als Lehrling deinen freimaurerischen
Weg beginnst und gehen wirst!
Das größer werdende Wissen in den folgenden Graden, die Erkenntnisse, die
Verinnerlichung, die Lohnerhöhungen bis in den 33° können nur als Vertiefung
des Lehrlingsgrades erfasst werden!
Die Freimaurerei hat das Ziel Menschen zusammenzubringen und mit Hilfe
von Symbolen, an der eigenen Vervollkommnung und am Fortschritt der Menschen
mitzuwirken. Diese Menschen hätten sich nie kennen gelernt!
Durch Toleranz und Solidaritätsprinzip und durch Eintreten für Freiheit,
Gleichheit und Brüderlichkeit kann die Freimaurerei als allgemeingültig und
universell bezeichnet werden.
Ich will dir, lieber Lehrling, meine persönlichen Erkenntnisse und mein persönliches
Wissen vermitteln.
Die freimaurerische Arbeit im Tempel ist der Höhepunkt im freimaurerischen
Leben. Sinn dieser rituellen Arbeit ist es, uns in symbolhafter Weise immer
wieder an die freimaurerischen Werte zu erinnern, uns den rechten Weg
zu weisen.
Pflichten, eine ständige Aufforderung und Herausforderung, sind:
Die äußeren Pflichten
regelmäßiger Besuch der Arbeiten, Teilnahme an Festarbeiten, gewissenhafte
Ausübung eines angenommenen Amtes und der damit verbundenen administrativen
Aufgaben.
Dies erfordert messbare Zeit!
Die innere Pflicht
durch die Vertiefung und Beschäftigung mit dem Ritual und den Symbolen
in den einzelnen Graden begebe ich mich auf die Suche nach Licht und Wahrheit,
nach Schönheit und Weisheit.
Dies erfordert innere Zeit!
Verschwiegenheit
In der Freimaurerei gibt es eine Notwendigkeit der Verschwiegenheit, da für
Außenstehende nicht zu verstehen ist, worin das Geheimnis der Freimaurerei
liegt. Dieses liegt im persönlichen Erleben und dem tiefen Empfinden des
Geschehens.
Verschwiegenheit bedeutet nicht Schweigen unter allen Umständen, aber
zum richtigen Zeitpunkt!
Die Wahrheit suchen
Wahrheit ist der schwierigste Begriff der Philosophie, denn jedes System hat
einen eigenen Wahrheitsbegriff und ein eigenes Wahrheitskriterium.
Wahrheit ist nicht zu definieren, einzuordnen oder zuzuweisen.
Wir vertreten unsere Standpunkte und werten die Wahrheit nach unseren
Ansichten und Erfahrungen.
Erst später kann es uns gelingen Sichtweisen, Wahrheiten nebeneinander
stehen zu lassen!
Verübtes Unrecht gutmachen
Zuerst müssen wir nicht nur uns, sondern den davon Betroffenem unser Unrecht
eingestehen und ohne Einschränkung dazu stehen.
Verübtes Unrecht muss erkannt und gutgemacht werden. Partei dabei ergreifen,
nicht wegschauen und handeln mit Weitblick und Sensibilität.
Die Menschheit lieben
Menschheit ist als Überbegriff zu verstehen, der Mensch ist ein Teil.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Liebe zur Menschheit, also zum
Nächsten, ist die Liebe zu sich selbst mit all unserem positiven und negativen
Sein.
Ist Liebe für uns Freimaurer eine höhere Form der Toleranz?
Wenn wir im Ritual immer wieder zur Liebe aufgerufen werden, so sehe ich
darin eine Aufforderung zur Aktivität.
Der symbolische Ausdruck der Liebe ist die Kette der Schwestern und Brüder,
die den Erdkreis umspannt!
Wir bauen den Tempel der Humanität
Die Steine, derer wir bedürfen, sind die Menschen.
Menschenliebe, Toleranz und Geschwisterlichkeit
sind der Mörtel des Tempelbaues.
Liebe als Gebot der Freimaurerei ist Ausdruck inneren Produktivseins.
Liebe im freimaurerischen Sinne ist nicht etwas, was uns plötzlich überkommt,
was uns wie eine Verzauberung widerfährt. Grundlage für die Praxis des Liebens
ist die Aktivität der Sinne, des aus sich heraus tätig Seins.
Die Fähigkeit zu lieben, erfordert einen Zustand ständiger, intensiver Wachsamkeit
und gesteigerter Vitalität. Die Kehrseite ist das Nichtlieben können, die
prinzipielle Teilnahmslosigkeit.
Lieber Lehrling, du wirst sehen, die Freimaurerei ist
ein Weg, der deine Sinne fordert,
ein Weg, der deine geistigen und körperlichen Kräfte aktiviert,
ein Weg, der durch eine ruhige, stürmische, ebene oder steile Landschaft
führen wird,
ein Weg, der gemütlich, anstrengend, sonnig oder bewölkt sein kann,
ein Weg, der Freude und Traurigkeit bereitet,
ein Weg, der dich mit vielen Schwestern und Brüdern, aber vor allem mit dir
verbindet,
ein Weg, der dein Lebensweg sein möge – so wie es mein Lebensweg ist!
Als Bruder und Schwester des Internationalen Freimaurerordens LE DROIT
HUMAIN haben wir die wunderbare Möglichkeit die weltumspannende Kette
zu erleben und zu spüren, denn:
Im Droit Humain geht die Sonne nie unter!
Ich wünsche dir auf deinem Weg
Die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, was nicht zu ändern ist,
Die Kraft zu ändern, was nicht länger zu ertragen ist,
Die Weisheit das eine vom anderen zu unterscheiden!