"Wir sind ein Ermächtigungsverein"
Lilo Almog
Lilo Almog ist die Frau an der Spitze des Droit Humain Österreich. "Sehr mächtige
Großkommandeurin" ist der Titel des hohen Amtes und ihre offizielle Anrede.
Im Mai 2022 wurde sie beim internationalen Konvent in Paris in dieses Amt gewählt.
Frau Almog, warum sind Sie Freimaurerin?
Lilo Almog: Der ursprüngliche Impetus war, dass ich dachte, es handle sich
um eine Vereinigung kluger Menschen, die gerne über spannende Dinge nachdenken
und diskutieren. Nach wie vor ist das ein wesentlicher Antrieb meines
Freimaurerinnen-Seins. Ich habe aber bereits während meines ersten Jahres als
Lehrling erfahren, dass mir dieses System Antwort auf eine Lebensfrage gibt.
Ich komme aus einem sehr naturwissenschaftlich-mathematisch-orientierten
Haus, habe mich aber, wohl auch um mich in Sicherheit vor dem Familiendruck
zu bringen, rasch in die Kunst geflüchtet. Dennoch habe ich diese beiden Komponenten,
die Naturwissenschaft und die Kunst, in mir. Beide sind mir wichtig.
Ich habe sie immer als nebeneinander oder untereinander existierend empfunden.
Die Freimauerei gab mir eine Antwort, nämlich dass es sich um zwei
Seiten derselben Münze handelt. Dadurch wurde meine persönliche Welt auf
einen versöhnlicheren Weg gebracht. Im Laufe der Jahre konnte ich mich überzeugen,
dass es auch für viele andere Menschen eine Möglichkeit ist, das Erbe
der Aufklärung anzunehmen. Wir haben einerseits den Auftrag der Vernunftorientierung,
der Rationalität und des kritischen Prüfens sowie der Objektivierung,
andererseits den Auftrag der Empathie, der Kreativität und der Geschwisterlichkeit.
Die freimaurerische Methode bedient sich zur Umsetzung dessen
uralter Bewältigungsmechanismen und Kulturtechniken. Diese reichen über
zehntausende Jahre zurück. Die von einer Gemeinschaft für wichtig erkannten
Werte – für uns die Werte der Humanität – die auf eine bestimmte Art und
Weise in Wirksamkeit gesetzt werden müssen. Das haben immer alle gewusst.
Das geht mit Ritual, Symbol, Kult, der Gemeinschaft, mit dem Geheimnis der
Poesie. Die Freimaurerei macht das Angebot, mit all diesen Instrumenten am
Individuum zu arbeiten, eine menschenorientierte Ethik zu leben, jenseits einer
Gestaltungsmacht, die außerhalb des menschlichen Geistes liegt. Das ist mir
sehr, sehr wichtig. Und deshalb ist mir auch der Droit Humain so wichtig, weil
wir auf den Großen Baumeister verzichten dürfen.
Wann begann Ihre Freimaurerinnen-Karriere?
Die Loge »Maria Deraismes« hat mich leichtfertig aufgenommen in der Erwartung,
dass ich ein konstruktives Mitglied sein würde, was ich über viele Jahre
auch war. Ich bin es, in meinem Selbstbild, auch geblieben. Von einem konservativen
Standpunkt aus betrachtet bin ich aber wohl aus dem Ruder gelaufen.1991
wurde ich eingeweiht. 1997 gründeten wir, eine Gruppe von Schwestern, die
Loge »Kairos«. Das war der erste Schritt in eine Autonomie, eine Hinwendung
zur Droit-Humain-Identität. Wir waren auch die erste Loge, die das weiße Buch
an Stelle der Bibel hinlegte, statt » Zu Ehren des Großen Baumeisters« » Zum
Wohle der Menschheit« arbeitet und die die Ausrufung »Freiheit, Gleichheit,
Geschwisterlichkeit« einführte.
Im Droit Humain Österreich gab es auch eine sehr esoterische Ausrichtung.
Wie wollen Sie damit umgehen?
Ich denke, dass es sehr wichtig ist, sich über die historischen Wurzeln einer
Entwicklung Gedanken zu machen. Ich sehe den Ursprung des Droit Humain
und des Droit Humain Österreich, der 1922 gegründet wurde, im Lichte der allgemeinen
sozio-kulturellen Umwälzungen. Ende des 19. Jahrhunderts hatten
die großen Kirchen bereits sehr viel an ihrer gesellschaftlichen und kulturellen
Macht eingebüßt, was zu einem Verlust an Gehaltenheit geführt hatte. Die
Suche nach neuer Ordnung und neuem Sinn hat zu sehr vielen interessanten
Bewegungen geführt: die Kibbuz-Bewegung, der Kommunismus, die Monte
Verita-Bewegung, das vegetarische Lebensbild, das Rückbesinnen auf alte Kulturformen,
wie das Kelten- oder Germanentum oder die Begeisterung für den
edlen Wilden. Das sind alles Versuche, einen Halt nach dem Verlust der Sicherheit
durch die großen Religionen zu finden.
Theosophen gehörten dem Droit Humain an, eine starke Prägung, die nicht
dem aufklärerischen Gedanken verbunden war, und der Rassentheorie
Vorschub leistete.
Das sehe ich persönlich sehr kritisch. Ich bin einer meiner Vorgängerinnen, Marianne
Bargil, überaus dankbar dafür, dass sie in ihrer Zeit als Repräsentantin
des Obersten Rates (SMGK von 1997 bis 2007) behutsam aber konsequent dafür
gesorgt hatte, dass diese Bewegungen in das rechte Licht gesetzt wurden.
Ich finde, der Droit Humain bedeutet Aufklärung. Aber: Zur Aufklärung gehört
auch die Arbeit mit den Kräften der Seele. Zur Gründungszeit waren in diesem
Druckkochtopf der Ideen die Tiefenpsychologie und die Psychoanalyse, zum
Beispiel Carl Gustav Jung. Das sind Bilderwelten, die sich meiner Meinung nach
viel besser anbieten, um den Bedürfnissen nach dem Geheimnis und der Poesie
entgegenzukommen als Bewegungen wie die Anthroposophie und Theosophie,
die etwas sehr Autoritäres und Vernunftwidriges haben.
Sie sprechen von alten Traditionen. Würden Sie im Droit Humain eine Nähe
zum Judentum sehen?
Überhaupt nicht. Ein Teil dieser jüdischen Symboltradition, die ja auf die Gründungszeit
der Freimaurerei zurückgeht, hat damit zu tun, dass viele Juden und
Intellektuelle das Bedürfnis nach freieren kulturellen und gesellschaftlichen
Formen hatten und ihre Traditionen eingebracht haben, die übrigens mittlerweile
derartig verballhornt sind, dass man das nur mehr komisch finden kann.
Auch die Ägyptomanie war ein wichtiger Punkt, war eine Flucht aus dem Festgefahrensein
in der christlichen Symbolik und Thematik. Jetzt ist unsere Aufgabe,
uns einmal umzuschauen, welche Kultsprachen heute verwendbar sein
könnten. Es ist jetzt auch unsere Aufgabe, die Geschwister aus den anderen Orienten
einzuladen, mit uns daran zu arbeiten, wie wir unsere Erzählungen erweitern
können.
Wie intensiv sollte die Zusammenarbeit mit anderen Obödienzen sein?
Das ist ein großes Feld der Wünsche, Hoffnungen und sicherlich auch der Illusionen.
Ich halte es für sehr wichtig, diese Kontakte zu knüpfen und zu pflegen,
sehe mich aber auf wackeligem Grund. Da habe ich persönlich noch viel aufzuarbeiten.
Ich habe aber viele große Hoffnungen.
Wo würden Sie die Trennlinien oder die Gemeinsamkeiten sehen?
Die Gemeinsamkeit müssen die Grundwerte der Aufklärung und der Humanität
sein. Die wesentlichen Parameter der Unterschiede sind die Gender-Gerechtigkeit
und die Laizität. Und die im Droit Humain grundgelegte Bereitschaft
zum gesellschaftspolitischen Engagement. Auf Österreich angewendet, geht es
dabei um die Frage, was zumutbar ist.
Sie haben vor fünf Jahren den höchsten Grad, den 33. Grad, erhalten. Hat
sich seither Ihre Sicht auf die Freimaurerei und auf Ihr neues Amt verändert?
Ich hoffe, in den vergangenen Jahren nicht nur wesentliche Schritte der Selbsterkenntnis
und Selbsterfahrung gemacht zu haben. Ich hoffe auch insgesamt an
Weisheit und Gelassenheit gewonnen zu haben. Es wird sich erst in der Praxis
herausstellen, ob auch das eine Illusion oder eine Wunschvorstellung ist. Ich
denke, dass es in dieser Position wirklich wichtig ist, nicht alles gelten zu lassen,
aber mit allen im Gespräch zu bleiben. Ich hoffe, dass mir diese Gabe gegeben
sein wird.
Wie wollen Sie die Prinzipien der Aufklärung, der Freimaurerei, auch des
Droit Humain, wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit bzw. Geschwisterlichkeit
nach innen und nach außen umsetzen?
Ich sehe meine Aufgabe in erster Linie darin, im Nahen zu arbeiten. Meine Ernennung
kann auch als Richtungsentscheidung gesehen werden. Der Droit
Humain hat eine konservativ-hierarchische und spirituelle Komponente. Diejenigen,
die sich dort sicher und gehalten fühlen, tun das ja nicht zu unrecht.
Andererseits hat der Droit Humain aus seiner Gründungsabsicht her die Möglichkeit,
sehr viel demokratischer zu agieren und Autonomie zu fördern. Soviel
ich weiß, haben die größeren Föderationen diesen Weg bereits vor Jahren mit
großen Kämpfen und erfolgreich beschritten. Das ist eine Aufgabe, die auf uns
alle zukommt.
Diese großen Föderationen sind Frankreich und Belgien. In beiden Ländern
deklarieren sich Freimaurer, beziehen Stellung. Soll der Droit Humain Österreich
diesen Beispielen folgen?
Ich kann mir das für die absehbare Zukunft nicht vorstellen. Persönlich bin ich
weitestgehend angstfrei, was auch mit meiner beruflichen Situation als Künstlerin
zu tun hat. Wann immer ich in meinem Bekannten-, Freundes- und Kundinnenkreis
davon gesprochen habe, Freimaurerin zu sein, hat das das Interesse
an mir erhöht und war nicht abschreckend. Das darf mich aber nicht dazu verleiten,
andere Gefahren auszusetzen. Selbst wenn diese Gefahren imaginiert sind,
sind sie vorhanden. Da ist Behutsamkeit angemessen. Ich glaube, dass wir insgesamt
in Österreich leider keine Tradition der Zivilcourage und des bürgerlichen
Engagements haben. Auch wenn wir uns als Elite und als Vordenkerinnen
und Vordenker empfinden, das von unserer Gruppe zu verlangen, scheint mir
eine Überforderung zu sein. Wir rekrutieren unsere Mitglieder weitgehend aus
sehr bürgerlichen und keineswegs progressiven Kreisen. Den guten Willen und
die Bereitschaft dieser Menschen durch zu rasches Voranpreschen zu gefährden
scheint mir nicht konstruktiv zu sein. Ich bin sehr dankbar, dass erste Schritte
des Sichtbar-Werdens geschehen sind. Das wäre mein Projekt insgesamt, in
die Sichtbarkeit zu kommen, sich aber von politischen oder gesellschaftspolitischen
Statements fernzuhalten. Wir sind auch nicht darin geübt, wissen nicht,
wo wir es könnten und wo nicht. Wie wägen wir ab, wann welches Statement
wo angemessen ist? Wir haben dazu einfach insgesamt in unserer politischen
und gesellschaftlichen Kultur keine Erfahrung.
Offenbar auch nicht eine Stimme.
Auch das nicht. Deshalb finde ich, dass die Sichtbarkeit ein wichtiger Punkt ist.
Die kann ermöglichen, dass diejenigen, die sich ein Auftreten in der Öffentlichkeit
zutrauen, dieses auf sich nehmen und andere, die das nicht wollen, im
Schatten bleiben können.
Die Prinzipien Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit implizieren gesellschaftliches
Engagement. Ich kann nicht von Geschwisterlichkeit reden
ohne Solidarität mitzudenken; Gleichheit kann es nicht ohne soziale
Gleichheit geben. Warum gibt es die Befürchtung im Droit Humain, stärker
sozialpolitisch tätig zu werden?
Für mich ist der zentrale Begriff Ermächtigung. Wir werden durch unsere freimaurerische
Arbeit ermutigt. Und wenn es gelingt, auch ermächtigt, die Prinzipien,
denen wir uns verschrieben haben, in der Welt zu leben. Das kann ein
individuelles Engagement sein eines Einzelnen oder in einer Gruppe. Das zeigt sich beispielsweise
im Projekt S.P.E.S. (Soutien Pour Enfance en Souffrance) in Togo.
Grundsätzlich ist aber die Freimaurerei als Ganzes aufgrund der Diversität der
Zugänge nicht berufen, sich gesellschaftspolitisch zu engagieren. Die Ermächtigung
ist wichtig, und die Diskussion darüber, was angemessen ist, auch. Vor
Jahren habe ich darüber gejammert, dass wir so sehr mit der Nabelschau beschäftigt
sind. Und da hat eine Schwester, eine Gewerkschafterin, gesagt: "Du
kannst hier sein – aber wenn Du in der Welt etwas verändern willst, dann gehe
zu Attac". Das wäre eine Handlungsanleitung. Die Ermutigung und Ermächtigung
findet im Droit Humain statt, um das Arbeiten in Netzwerken zu Wirksamkeit
zu bringen.
"100 Jahre Droit Humain in Österreich" ist Anlass, in die Öffentlichkeit zu
gehen. Was will man damit erreichen?
In die Öffentlichkeit zu gehen, ist hoch an der Zeit. Es ist als Teil der Richtungsentscheidung
zu verstehen, wer wir als Droit Humain sind. Die Bewegung in
diese Richtung ist seit Jahren angelegt und hat zunehmend an Momentum gewonnen.
Es ist ein Kairos, ein glückliches Zusammentreffen, dass sich jetzt mit
dem 100-Jahr-Jubiläum ein Anlass bietet, diese Überlegungen in konkrete Gestalt
zu gießen. Und damit verbunden die Ermutigung, auf diesem Weg weiter
zu gehen und damit verbunden, die sehr spannende Frage, wer wir sind. Es geht
um die Corporate Identity.
Und was ist Ihre Antwort auf diese Frage?
Wir sind ein Ermächtigungsverein. Wir sind der Aufklärung verpflichtet. Wir
sind verpflichtet, was immer uns in der Welt begegnet, mit den Instrumenten
zu bearbeiten, die uns die Aufklärung in die Wiege gelegt hat. Das sind die kritische
Auseinandersetzung, der Abschied von jeglicher Form von Dogmatismus,
das Ertragen der Ambivalenzen und der fluktuierenden Situationen. Das ist
schwer auszuhalten. Das ist eine Aufgabe, die uns unsere Zeit und unsere Gesellschaft
insgesamt stellt. Ich denke, wir haben dazu die Möglichkeit, innerhalb
unserer Organisation zu lernen und zu üben. Auch mit dem Vertrauen in die Instrumentarien,
die wir aus den uralten kultischen Traditionen kennen und mit
denen wir arbeiten.
Was soll vom Jubiläum bleiben?
Sichtbarkeit in einem positiven Sinn. Ich fände es nicht schlimm, wenn Themen
aufkommen, die einen gewissen Anstoß erregen, wenn dadurch eine Diskussion
in Schwung gebracht wird. Ich bin sehr überzeugt von dem S.P.E.S.
Projekt in Togo, wo wir unser Möglichstes tun, um salopp gesagt, dazu beizutragen,
dass nicht noch mehr Menschen in Boote steigen und im Mittelmeer ertrinken.
Dass wir weiterhin versuchen, in guter Zusammenarbeit mit den lokalen
Kräften, das Leben dort zu verbessern. Die Absicht ist, auch Einfluss auf
die gesellschaftlichen Strukturen zu nehmen. Wenn wir Mädchen stärken, greifen
wir in solche Strukturen ein. Ein Beispiel: Eine Leiterin des Heimes in Lomé
hat sich dafür stark gemacht, Anzeige gegen vergewaltigende ältere Familienmitglieder
zu erstatten. Sie hat große Widerstände zu ertragen gehabt, weil das
ja die Ernährer der Familie sind. Sie hat den Schutz der Mädchen eingefordert.
Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass das im allgemeinen Woke-Klima der
westlichen Welt ein Projekt ist, das unter postkolonialistischen Verdacht stehen
könnte. Ich fände das gar nicht übel, wenn jemand diesen Vorwurf macht,
denn dann können wir darüber reden. Wir können uns gut erklären und das Argument
entkräften.
Was soll an Sichtbarkeit bleiben?
Meine Vision ist, dem Verlust an Gehaltenheit ein Modell entgegenzusetzen,
das einem vernunftbegabten und kritischen Menschen etwas von dem wieder
gibt, was viele von uns verloren geglaubt haben. Das sind die Poesie und das
Wunder. Das haben wir in der Kunst, wenn wir in das Konzert gehen oder ein
Buch lesen. Diese Elemente müssen eingebunden sein in eine Gemeinschaftlichkeit.
Das ist das, was Kult im Weiteren und die Freimaurerei im Speziellen
anzubieten hat.
Wie schätzen Sie Ihre Wirkungskraft als Sehr Mächtige Großkommandeurin
ein?
Ich fürchte, dass ich sie überschätze.
Wie soll der Männeranteil im Droit Humain Österreich vergrößert werden?
Mit Geduld. Zunehmend fühlen sich auch jüngere Männer angezogen, mitzuarbeiten.
Der Glaube, dass ein Mann bald andere mitbringen würde, hat sich nicht
bewahrheitet.
Sie sind für das Gendern – oder?
Das ist keine Frage. Das ist selbstverständlich, das wird den Logen freigestellt.
Ich werde mich dafür ermutigend engagieren. Ich halte es für lächerlich, wenn
Frauen als "Meister vom Stuhl" angesprochen werden.
Im Droit Humain gibt es eine Doppelspitze. Ist das ein Problem?
Theoretisch ist das nicht schwierig. Die Präsidentin und der Föderationsrat sind
mit den Verwaltungsaufgaben beschäftigt und die initiatorische Spitze mit den
Inhalten. Es gibt Überschneidungen, die bearbeitet werden können, wenn zwischen
den Gremien Vertrauen herrscht. Es geht nicht nur um die Präsidentin,
sondern um die Gremien. Auf initiatorischer Seite ist noch einiges an Arbeit zu
leisten. Ich hoffe, dass es eine Lösung geben wird.
Auch der Beamtenteil ist rituell aufgebaut.
Auch das ist ein Feld, das sich im Konsens klären lässt. Ich habe mich als Mit
glied des Föderationsrates dafür stark gemacht, diese Interpretation zu billigen,
dass es Beamtenfunktionen gibt, die auf eine rituelle Arbeit hinweisen. Es ist
eine unnötige Beschränkung, wenn der Föderationsrat nur den nationalen Konvent
gestalten darf und die Solstitien nicht. Man kann einem Gremium, das so
eine bedeutende Aufgabe übernimmt, dafür zu sorgen, dass das Werk funktioniert,
nicht die Möglichkeit nehmen, auch die wichtige kultische Selbstbestätigung
zu erleben. Diese Menschen mit ihren entsprechenden Rangabzeichen
sollen ein Gestaltungspouvoir im rituellen Zusammenhang haben.
Wie autonom ist die Österreichische Föderation wenn das Reglement vom
Obersten Rat in Paris abgesegnet werden muss?
Ganz pragmatisch gesprochen, viel autonomer als es sich die Föderation bisher
zugetraut hat. Unsere Weisheit ist die Internationale Konstitution, die alle fünf
Jahre auf ihre Gültigkeit hinterfragt wird. Nicht einmal sie ist in Stein gemeißelt.
Man hat viel Auslegungsspielraum, in einem diskursiven Prozess auf nationale
Notwendigkeiten und Eigenheiten hinzuweisen, die aber nicht in einer
individuellen Hexenküche enden dürfen. Auch da bewegen wir uns auf einem
Grund, wo Kompromisse erarbeitet werden müssen.
Das Gespräch mit Lilo Almog führten Juliane Jochum und Gertraud Stern.